Drei Fragen an Dr. Marc Knuff, Global Director Retail | Consumer Panels & Services, GfK //
Corona-Pandemie und Mehrwertsteuersenkung – in diesem Jahr ist der stationäre Handel mit ganz neuen Herausforderungen konfrontiert. Welche Veränderungen und Trends sich dadurch in jüngster Zeit im Einzelhandel feststellen ließen, erläutert Dr. Marc Knuff, Global Director Retail | Consumer Panels & Services bei der GfK.
Welche Veränderungen im Einkaufsverhalten der Shopper können Sie infolge der Corona-Pandemie bereits feststellen?
Knuff: Der Wunsch nach One-Stop-Shopping hat sich weiter erhöht. Gleichzeitig sehen wir in unseren Daten eine Verlagerung der Einkaufszeiten zur Wochenmitte, wenn sich nicht so viele Shopper im Laden aufhalten. Interessanterweise stellen wir ebenso fest, dass viele Food-Trends durch die Corona-Krise nicht an Dynamik verloren haben. So liegt z. B. das Umsatzwachstum von pflanzlichen Fleisch- und Milchersatzprodukten oder ökologischen Reinigungsmitteln über jenem des LEH insgesamt.
Die Vollsortimenter haben den Discountern beim Umsatzwachstum den Rang abgelaufen. Worauf ist dies aus Ihrer Sicht zurückzuführen? Hatten damit die jüngsten Preisaktionen des Discounts kaum Auswirkungen auf die Einkaufspräferenzen der Verbraucher?
Knuff: Grundsätzlich sehen wir seit Jahren den Trend der sinkenden Einkaufslust. Die Shopper haben kaum Zeit, daher bevorzugen sie immer stärker das „One-Stop-Shopping“. Darüber hinaus steigt seit Jahren die Qualitätsorientierung. Die Shopper wollen qualitativ hochwertige und nachhaltigere (Premium-)Produkte einkaufen. Diese Haupt-Trends im LEH begünstigen die Supermärkte. Die Corona-Krise hat diese Entwicklung und damit den Marktanteilsgewinn der Supermärkte eher nochmals verstärkt, zumal die Shopper in der Corona-Krise ihren lokalen Einzelhandel unterstützen wollen. Die Preisaktionen der Discounter bringen dagegen aktuell wenig, da (noch) nicht so viele Deutsche wirtschaftlich stark von Corona getroffen sind. Bei einer wachsenden Sorge um den eigenen Arbeitsplatz und drohenden Einkommensverlusten könnte der Preis aber wieder eine wichtigere Rolle spielen.
Inwieweit hat sich die MwSt.-Senkung bisher auf den Konsum ausgewirkt? Ist davon auszugehen, dass sich die Konsumneigung wieder zurückbildet, wenn der frühere Mehrwertsteuersatz wieder gilt?
Knuff: Aktuell gehen wir davon aus, dass die MwSt.-Senkung und die zusätzlichen Preissenkungen der Händler die real gezahlten Preise der Produkte im LEH leicht absenken. Allerdings dürfte die MwSt.-Senkung wohl kaum zu einem starken Umsatzanstieg führen – bedingt durch eine höhere Mengennachfrage oder einen häufigen Wechsel zu höherpreisigen Produkten. Bei höherpreisigen Produkten, wie Elektrogeräten oder Einrichtungsgegenständen könnte die MwSt.-Senkung jedoch durchaus einen kurzfristigen Kaufanreiz und steigende Umsätze mit sich bringen.
Mehr zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den deutschen Einzelhandel hören Sie beim ersten Teil – „Retail nach Corona“ – der EHI Session3 Retail Design am 1. September 2020.
Dr. Marc Knuff verantwortet die weltweite Zusammenarbeit der GfK Consumer Panels & Services mit den HandelskundInnen. Mit den Consumer Panels bietet die GfK seinen HandelskundInnen Marktüberblicke und Insights über das Kaufverhalten der Shopper, aktuell auch Research zur Corona-Krise. Bei der EHI Session3 Retail Design wird er darüber referieren.