Seit Tagen häufen sich die Meldungen über unterschiedliche Unternehmen, die wegen geschlossener Geschäfte aktuell keine Mietzahlungen leisten – u. a. betrifft das Galeria Karstadt-Kaufhof, Deichmann oder Douglas. Sogar Insolvenzen hat es bei zuvor angeschlagenen Unternehmen bereits gegeben, wie Maredo oder Vapiano. Dies veranschaulicht beispielhaft den Druck, dem neben den vielen kleinen und mittelständischen Händlern auch sehr große Einzelhandelsketten ausgesetzt sind.
Der German Council of Shopping Places und das EHI haben in einer ad-hoc Befragung ein Stimmungsbild unter den Immobilienverantwortlichen von großen Einzelhändlern, filialisierten Dienstleistern und Gastronomieunternehmen eingeholt, um einen breiteren Einblick in den Status Quo zu liefern. Wie steht es aktuell um die Absprachen zwischen Mietern und Vermietern von Gewerbeflächen zur Zahlung der Miete während der coronabedingten Einschränkungen? 51 Unternehmen, die für mehr als 20.000 Ladengeschäfte stehen, haben sich beteiligt, davon stammen mehr als die Hälfte aus den Branchen Bekleidung, Lebensmittel sowie Schuhe & Accessoires.
Den Händlern bricht bei einer behördlich angeordneten Geschäftsschließung unmittelbar der Umsatz weg. Eventuelle Umsätze im Onlineshop sind dabei nur ein kleiner Bruchteil und können diese Lücke nicht schließen – ebenso verhält es sich bei Gastronomen, die nur noch Take-Away anbieten können. Neben den Personalkosten, wo die vereinfachten Regelungen zur Kurzarbeit helfen, sind Raumkosten der größte Kostenblock.
Bei Geschäftsschließungen ergreifen Händler die Initiative gegenüber ihren Vermietern
Aus dieser Problemlage heraus haben 80 % der befragten Händler die Initiative ergriffen und sind aktiv auf ihre Vermieter zugegangen. Bei den restlichen 20 %, die bisher keine Gespräche geführt haben, handelt es sich nahezu ausschließlich um die Branchen Lebensmittel und Drogerie, die weiterhin geöffnet haben und in den letzten Wochen sogar ein Umsatzplus verbuchen konnten.
Breites Spektrum an Maßnahmen wird schon umgesetzt
Die meisten befragten Händler haben bereits Maßnahmen in Bezug auf Mietzahlungen mit ihren Vermietern in die Wege geleitet. Besonders verbreitet sind die komplette Aussetzung (49 %) oder die Stundung der gesamten Miete (35 %). Da Standorte sich nach Lage, Vertragsbedingungen und Art des Vermieters, (also privater oder institutioneller Investor) unterscheiden, sind durchaus auch individuelle Lösungen für einzelne Standorte erarbeitet worden. Für eine Vertriebslinie können also je nach Standort auch verschiedene Maßnahmen ergriffen werden. Reduzierung der Miete sowie teilweise Stundung der Miete sind ebenfalls recht verbreitet und werden jeweils von jedem fünften Befragten bereits genutzt. Eine Möglichkeit bietet sich beispielsweise auch durch umsatzbasierte Mieten. Bei den 14 % der Befragten, die zum jetzigen Zeitpunkt keine Maßnahmen ergriffen haben, handelt es sich um (derzeit regulär geöffnete) Lebensmittelunternehmen. Ein kleiner Anteil (8 %) ist bisher trotz des grundsätzlichen Wunsches nach einer Anpassung nicht aktiv geworden. (Dieser Abschnitt wurde nach Veröffentlichung sprachlich überarbeitet)
Händler wünschen sich Kooperationsbereitschaft
Die Kooperationsbereitschaft der Vermieter schätzen die meisten Mieter als „mittel“ (44 %) ein und es gibt auch einen Teil von 14 %, die diese als „eher hoch“ loben. Doch ein beträchtlicher Teil berichtet auch von „eher geringer“ (30 %) bis „sehr geringer“ (12 %) Kooperationsbereitschaft. Genau an dieser Stelle ist der German Council of Shopping Places bereits vermittelnd aktiv geworden und erarbeitet derzeit gemeinsam mit Mietern und Vermietern einen Verhaltenskodex. Solche Richtlinien des Handelns helfen besonders, da sie wichtige Orientierung bieten.
Ein klarer Wunsch, und eine ausdrückliche Empfehlung des GCSP und des EHI, ist daher, aktiv ins Gespräch zu gehen und Kompromisse für eine faire Lastenteilung zu finden. So kann es auf rein kommunikativer Ebene schon hilfreich sein, gegenseitiges Verständnis zu entwickeln und in persönlicher Form die Kooperationsbereitschaft zu signalisieren. Gefordert ist daher ebenso umgekehrt das Verständnis für die Besitzer der Gewerbeimmobilien, die durch Mietausfälle in Not geraten. Denn wenn Mieten reduziert, gestundet oder gar ausgesetzt werden, verschiebt sich das Problem auf diejenigen, die darauf angewiesen sind. Um hier bessere Lösungen zu finden, wäre es wichtig, dass auch gewerbliche Immobiliendarlehen ausgesetzt werden können – doch dies ist aktuell noch nicht der Fall.
Nun ist es geboten, einen solidarischen Konsens zwischen Einzelhändlern, Vermietern und Banken zur fairen Lastenverteilung in der Krise zu finden. Denn allen Parteien sei dasselbe Ziel unterstellt, nämlich auch in Zukunft attraktive und lebendige Einzelhandelslagen zu schaffen. Für die zukünftige Mietervielfalt in unseren Einkaufsstraßen und Shopping-Centern geht dies jetzt nur gemeinsam.