Interview mit Andrea Balas, Projektleiterin Zertifizierung EHI Geprüfter Online-Shop, zur neuen Geoblocking-Verordnung /
Was ist Geoblocking?
Balas: Geoblocking ist eine Technik, die bestimmte Internetinhalte für definierte Regionen sperrt. So werden unter Verwendung der Geoblocking-Technologie z. B. Online-Shops nur einem durch den Anbieter frei wählbaren, regional definierten Nutzerkreis zugänglich gemacht.
In der Praxis wird dabei z. B. einem Internetnutzer aus Frankreich ein deutschsprachiger Onlineshop nicht angezeigt, sondern er wird automatisch auf den französischen Onlineshop des Händlers umgeleitet. Technisch läuft das über die IP-Adresse des Nutzers, über die das System erkennt, aus welchem Land der Nutzer stammt. So kann z. B. ein Kunde aus Spanien in einem deutschen Onlineshop nicht bestellen, weil das System über das Bestellformular seine spanische Adresse ausschließt.
Seit dem 3. Dezember 2018 ist die neue Geoblocking-Verordnung im Onlinehandel gültig. Was verändert sich dadurch für Onlinehändler? Welche dringenden TO-Dos ergeben sich aus der Verordnung?
Balas: Die Verordnung regelt im Wesentlichen folgende Punkte: Zum einen ist die Sperrung von Webseiten, zum anderen das Zugrunde legen von unterschiedlichen Vertragskonditionen einschließlich Nettopreisen und Zahlungsoptionen auf der Grundlage von Staatsangehörigkeit, Wohnsitz oder Niederlassung verboten.
Im ersten Schritt sollten Anbieter sämtliche automatischen Umleitungen auf Länder-Shops deaktivieren. Sowohl Bestellformulare als auch Formulare zur Kundenregistrierung sollten dahingehend angepasst werden, dass die Eingabe ausländischer Adressen ermöglicht wird. Wichtig ist zudem die Anpassung der AGB in Bezug auf das Liefergebiet. Sämtliche Angaben und Bedingungen bezüglich der Zahlungsoptionen sollten überprüft und aktualisiert werden. Falls logistisch möglich, sollten Prozesse zur Warenabholung eingerichtet werden.
Ausgenommen von der Geoblocking-Verordnung sind Anbieter, die urheberrechtlich geschützte Inhalte verkaufen. Das sind u. a. E-Books, Mediatheken oder Musik- bzw. Film-Streaming. Die Verordnung gilt auch nicht für Dienstleistungen im Binnenmarkt. Dazu gehören u. a. Dienstleistungen im Bereich Finanzen, elektronische Kommunikation, Verkehr, Gesundheit.
Können Kunden jetzt uneingeschränkt über alle Grenzen hinweg einkaufen? Müssen Kunden dennoch mit länderspezifischen Besonderheiten rechnen?
Balas: Ziel der Verordnung ist es, innerhalb der Europäischen Union einen freien und reibungslosen Binnenmarkt zu gewährleisten. Zukünftig können EU-Bürger innerhalb der EU einfacher einkaufen, allerdings gibt es eine Vielzahl von Einschränkungen.
Insgesamt müssen die Kunden in der Lage sein, Waren zu genau den gleichen Bedingungen, Preisen und Lieferbedingungen zu bestellen, wie sie für vergleichbare Kunden mit Wohnsitz im angebotenen Liefergebiet des Shops sonst gelten.
Länderspezifische Besonderheiten treten z. B. bei Waren auf, deren Vertrieb/Verkauf im entsprechenden EU-Land generell verboten oder beschränkt ist. Onlinehändler sind aber nicht verpflichtet, sich beispielsweise mit den Jugendschutzgesetzen der einzelnen EU-Länder auseinanderzusetzen oder darauf hinzuweisen, dass z.B. Stecker von Elektrogeräten ggf. mit Steckdosen anderer EU-Ländern eventuell nicht kompatibel sind.
Sind E-Commerce-Händler jetzt verpflichtet in jedes Land zu liefern?
Balas: Nein, an dieser Stelle gibt es keine Änderungen. Händler können auch nach Inkrafttreten der Geoblocking-Verordnung selbst entscheiden, welche Länder sie beliefern möchten bzw. können. Ein EU-Bürger aus einem anderen Land kann sich die Ware allerdings in eines der angebotenen Lieferländer schicken lassen bzw. die Ware ggf. dort abholen. Kunden aus dem Ausland können allerdings abweichende Zahlungsarten angeboten werden. Händler müssen Kunden aus dem Ausland lediglich die Zahlung über eine elektronische Transaktion (Überweisung, Lastschrift oder ein kartengebundenes Zahlungsinstrument) anbieten. Zahlungen müssen zudem in einer Währung erfolgen, die der Anbieter akzeptiert.
Mehr zur Geoblocking-Verordnung und den Auswirkungen für Onlinehändler können Sie in unserem kostenlosen Whitepaper „Die neue Geoblocking-Verodnung“ nachlesen.