Das Thema „Instant Payments“ polarisiert aktuell die Player im Zahlungsverkehr. Ist der unmittelbare Geldtransfer nur eine große Herausforderung für die Kreditwirtschaft oder lässt sich auf dieser Basis möglicherweise auch der komplette Zahlungsverkehr im Einzelhandel revolutionieren – sei es stationär oder mobil?
Unser Zahlungsverkehrsexperte Horst Rüter im Gespräch mit Ulrich Binnebößel vom HDE:
Rüter: Herr Binnebößel, mit der Instant Payments Initiative der EU-Kommission wird ja zunächst die Kreditwirtschaft angesprochen. Konto-zu-Konto-Bewegungen sollen in Echtzeit auch zwischen verschiedenen Banken abgewickelt werden, so wie das heute bereits bei Kontenbewegungen innerhalb eines Kreditinstituts der Fall ist. Das Thema müsste doch viel mehr Potenzial haben, wenn man beispielsweise auch an Geldtransfers zwischen Privatpersonen, zum Beispiel über mobile Endgeräte oder aber eben auch an Geldtransfers in der Händler-Kundenbeziehung denkt.
Binnebößel: Die EZB hat die Instant-Payments-Initiative vor allem deshalb gestartet, weil bereits in verschiedenen Ländern wie Dänemark oder Portugal Insellösungen entwickelt wurden, die komplett an den SEPA-Regelungen vorbei gehen. Dort sind Smart-Phone-zu-Smart-Phone-Transaktionen bereits Realität, aber der Portugiese oder Däne kann zum Beispiel nicht in Deutschland auf diese Art und Weise agieren. Offensichtlich gibt es einen Anspruch, ein Zahlungsverfahren zu konstruieren, welches europäisch harmonisiert dem Charakter des Bargelds nahekommt: Sofortige Liquidität bei weitgehender Anonymität.
Rüter: Um dann am Ende auf diese Weise das Bargeld überflüssig zu machen und in der Folge zu reduzieren?
Binnebößel: Zunächst geht es aus Handelssicht nicht um Beschränkungen des Bargelds, sondern um die Schaffung von gleichwertigen Alternativen, aus denen dann am Ende des Tages der Kunde die Wahl hat. Die Frage ist, wie Instant Payments effizient und gesellschaftlich akzeptiert eingeführt werden können. Bislang wird vor allem die Anonymität bei Bargeldzahlungen als besonders hohes Gut angesehen. Wenn es also gelingen würde, diese Anonymität in einer moderneren Form des Bezahlens zu erhalten, wäre das vielleicht der richtige Weg.
Rüter: Instant Payments hat doch das Zeug, viel mehr als nur den Zahlungsverkehr am POS zu revolutionieren oder Mobile Payment zu befeuern. Das ganze Finanzwesen wäre doch von Echtzeit-Transaktionen betroffen. Ich denke da nur an Finanztransaktionen mit Lieferanten oder Gehaltszahlungen an Mitarbeiter.
Binnebößel: So ist es. Der Zahlungsverkehr in der Händler-Kunde-Beziehung ist nur ein kleiner Ausschnitt, aber es ist wichtig, dass der Handel sich bereits zum jetzigen Zeitpunkt beim Thema Instant-Payments positioniert und seine Ideen einfließen lässt. Bislang ist Instant Payments lediglich ein Standard, der die Prozesse zwischen den Banken beschreibt. Zwar werden die Banken darauf entsprechende Produkte aufbauen, jedoch können weitere Akteure ebenfalls die Chance nutzen. Die Situation ist vielleicht vergleichbar mit der Debitkartenzahlung Anfang der 1990er Jahre. Dort hatte man die Wahl zwischen einem formalisierten electronic cash-Verfahren und der Händlerlösung ELV, wobei letztere besonders einfach und daher kostengünstig vom Handel selbst gestaltet wurde.
Rüter: Und noch heute werden diese beiden Verfahren parallel eingesetzt. Schon damals konnte ja beim ELV weitestgehend auf Dienstleister verzichtet werden, sieht man mal vom Clearing-Prozess durch die Hausbank ab. Erst später sind Dienstleister wieder wegen der erreichten Komplexität und aus Risikoerwägungen an Bord gekommen. Ist das auch eine Blaupause für Instant Payments?
Binnebößel: Durch die Vereinfachung des Geldflusses geht das Risikomanagement auch bei Instant Payments quasi gegen Null, eine Zahlung ist sofort final, Zahlungsgarantien entfallen, das Clearing erfolgt im Interbankenverkehr. Das macht Dienstleister an vielen Stellen entbehrlich.
Rüter: Dann können wir ja doch am besten direkt starten und viel Geld sparen.
Binnebößel: Wenn die Voraussetzungen auf Seiten der Kreditwirtschaft geschaffen sind, akzeptable Abwicklungszeiten auch für den Einsatz im Handel erreicht werden, das noch bestehende Verschlüsselungsproblem beim Datentransfer gelöst wird, so dass der Zahler auch vollständige Sicherheit über das korrekte Empfängerkonto hat, sind wesentliche Voraussetzungen geschaffen. Schon jetzt arbeitet der Handel gemeinsam mit GS1 Germany an Standards, um das Thema händlerseitig konsequent voranzutreiben.
Rüter: Wir werden das Thema in jedem Fall mit dem EHI-Arbeitskreis „Kartengestützte Zahlungssysteme“ weiterverfolgen und in den Gremien von GS1 Germany vertreten bleiben. Beim EHI Kartenkongress am 25./26. April in Bonn wird ja auch Ludger Bieberstein von der Rewe Instant Payment aus Sicht eines Händlers näher vorstellen. Vielen Dank für das Gespräch!