Interview mit Franz Bättig, Kantonspolizei Zürich, Chef Regionalpolizei a.D. /
Können Sie kurz skizzieren, wie sich derzeit der professionell organisierte Ladendiebstahl in der Schweiz ausdrückt? Wie ist die Entwicklung und wo liegen die Hauptprobleme?
Bättig: Diebesbanden haben sich in den vergangenen Jahren weiter professionalisiert. In der Regel gehen die Banden arbeitsteilig vor und haben es vor allem auf Luxusgüter, teure Parfumes und Körperpflegemittel, Zigaretten und Alkoholika abgesehen. Ein Teil der Beute wird an Hehler in der Schweiz abgesetzt. Vor allem Parfumes und teure Rasierklingen werden nicht selten nach Osteuropa geschickt. Um die Rollen der Bandenmitglieder aufzudecken und gerichtsverwertbar zu beweisen, braucht es in der Regel langwierige und personalintensive Observationen. In der Schweiz hat die Polizei aber das Problem erkannt und investiert entsprechend viel in die Bekämpfung des Ladendiebstahls.
Was verbirgt sich unter dem Projekt „ASPECT®?
Bättig: ASPECT® steht für analysing suspicious persons and cognitiv training. In Zusammenarbeit mit Psychologinnen der Universität Zürich haben erfahrene Polizeiangehörige der Kantonspolizei Zürich, die in der Fahndung oder Observation tätig sind, vor rund zehn Jahren eine Ausbildungskonzept entwickelt, das Polizisten und Polizistinnen befähigt, verdächtiges Verhalten und verdächtige Situationen leichter zu erkennen. Selbstverständlich eignet sich diese Aus- und Weiterbildung auch für Sicherheitspersonal im Detailhandel.
Wie werden sogenannte „Recognizer“ bei der Diebstahlsbekämpfung eingesetzt?
Bättig: Die Arbeit von Recognizern ist vor allem bei der Sichtung von Videos gefragt. Dank ihrem speziellen Gedächtnis für Gesichter sind sie in der Lage, selbst aus einer Ansammlung von Personen heraus Straftäter zu identifizieren.
Sind die erforderlichen Fähigkeiten angeboren oder sind sie für jedermann erlernbar?
Bättig: Die Lehre sagt, dass Gesichtsgedächtnis nur bis zu einem gewissen Grad trainiert und damit verbessert werden kann. Die Fähigkeiten von Recognizern sind also zu einem grossen Teil angeboren.
Was könnte das zukünftig für den Einzel-/Detailhandel bedeuten?
Bättig: Die Fähigkeit von Recognizern ist wie erwähnt vor allem bei der Sichtung von Videos gefragt. Sicherheitsbeauftragte im Detailhandel sollten jedoch in der Erkennung von verdächtigem Verhalten und verdächtigen Personen weitergebildet werden. In der Schweiz bietet die SBSS (Schweizerische Berufsschule für Sicherheit) bereits Kurse in diesem Bereich an.
Auf dem EHI-Sicherheitskongress am 25. und 26. Juni in Köln erfahren Sie mehr über Diebstahl im Handel und Präventionsmaßnahmen.