Interview mit Daiga-Patricia Kang, Strategische Partnerschaften und Kooperationen, dm-drogerie markt //
dm-drogerie markt hat das ForumRezyklat (FR) gegründet, um sich gemeinsam mit Partnern entlang der Supply-Chain dafür einzusetzen, Wertstoffkreisläufe von Verpackungen zu schließen. Partner des von dm initiierten ForumRezyklat sind 35 Mitglieder aus Handel (dm, Rossmann, Globus), Konsumgüterindustrie, Entsorgern, Verpackungsherstellern, Politik und Behörden.
Welche Vorteile bietet eine Initiative wie das ForumRezyklat gegenüber individuellen Maßnahmen einzelner Unternehmen zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele?
Kang: Das #ForumRezyklat bietet in seiner Zusammensetzung das große Potenzial einer 360°-Perspektive auf das Thema Kreislaufwirtschaft.
Die Entwicklung weg von der linearen Wirtschaft, hin zu einem Wirtschaften, das den Ressourceneinsatz minimiert, Ressourcen immer wieder verwendet und damit Energie spart und klimaschonend wirkt, muss unser gemeinsames Ziel sein.
Durch die Unterschiedlichkeit in der Zusammensetzung des FR wird der Erkenntnisprozess für die verschiedenen Herausforderungen deutlich beschleunigt. Aus unserer Sicht macht es Sinn, bei Nachhaltigkeitsthemen in Kooperationen zu denken, da die einzelnen Maßnahmen und notwendigen Entwicklungsschritte einfach zu groß sind für einen einzelnen Akteur, die Abhängigkeiten und die Komplexität ebenso. Auch erleben wir, dass unsere Kunden sich an dieser Stelle die Collaboration wünschen, denn es geht um die Gesundheit von Menschen, Tieren, Pflanzen – unserer Lebensgrundlage.
Welches sind die konkreten Ziele?
Kang: Gemeinsam arbeitet das #ForumRezyklat daran, das Bewusstsein der Verbraucher für Kreislaufwirtschaft zu fördern, um eine sortenreine Trennung der Wertstoffe zu erreichen. Dadurch wird langfristig die Recyclingquote sowie der Recycling-Anteil in Produkten und Verpackungen erhöht.
Des Weiteren strebt das Forum an, Verpackungen zu reduzieren und schon im Entstehungsprozess neuer Verpackungen darauf zu achten, dass die Verpackungen recyclingfähig sind, damit sie als Ressource dem Kreislauf erhalten bleiben.
Welche Herausforderungen stehen an?
Kang: Die größte Herausforderung und zugleich ein weiteres Ziel ist es, die Verfügbarkeit von Rezyklaten deutlich zu erhöhen. Leider gibt es am Markt jedoch nicht im Ansatz die gewünschten Mengen und Qualitäten von hochwertigem Rezyklat.
Hier möchten wir ansetzen und Lösungsansätze finden, die dazu führen, dass die Recyclingfähigkeit von Verpackungen erhöht wird, die Trennung und Sammlung auch mittels moderner Technologien und Anlagen effizienter gestaltet wird, um damit den Einsatz von Rezyklaten in neuen Verpackungen deutlich zu erhöhen.
Im Moment existiert lediglich ein Rezyklatstandard, der Foodgrade. Dieser Lebensmittelstandard bietet Rechtssicherheit für die Inverkehrbringer. Ein sehr großer Teil der Hersteller bedient sich aus diesen Rezyklat-Mengen, die geschlossenen Wertstoffkreisläufen -wie dem der Einwegpfandsammlung- entspringen. Man kann sich vorstellen, dass diese Mengen längst nicht ausreichen, um die wachsende Nachfrage nach Rezyklaten zu bedienen.
Selbst wenn auch schon in Deutschland versucht wird, die Wertstoffe aus den haushaltsnahen Sammlungen für die Rezyklatproduktion zu verwenden, so bildet dies doch lediglich einen Ansatz für Unternehmen, die in Deutschland produzieren. Die Internationalität auf den Märkten und damit auch die vielen unterschiedlichen Sammelsysteme an den Produktionsstandorten bilden eine weitere Herausforderung für die Hersteller.
Leider ist es immer noch so, dass Virgin-Plastik kostenmäßig günstiger ist, als Recyclingplastik. Hier ist sicherlich die Politik gefragt, lenkend einzuwirken. Die Einführung einer Plastiksteuer wird aktuell wieder auf EU-Ebene diskutiert.
Welche Erfolge konnte die Initiative bereits erzielen?
Kang:
- Einigung auf gemeinsame Rezyklatdefinition
- Regalkennzeichnung ‚Verpackung enthält hohen Recyclinganteil‘, sobald die gesamte Artikelverpackung mindestens 70 % post consumer Rezyklate enthält. Dabei werden alle Verpackungsfraktionen einbezogen, neben Kunststoffen eben auch Papier, Glas, Alu etc.
- Gemeinsame Partner-Kommunikation mit den Industriepartnern und beteiligten Händlern, die das Verbraucherbewusstseins dahingehend stärkt, sich an einer richtigen und konsequenten Sammlung und Trennung von Verpackungsabfällen, also Wertstoffen, zu beteiligen.
- Nutzung gemeinsamer Trennhilfen als Icons auf den Verpackungen
- Nutzung eines gemeinsamen Tools zur Beurteilung der Recyclingfähigkeit der Verpackung
Welche weiteren Maßnahmen plant das ForumRezyklat für dieses und die kommenden Jahre?
Kang: Zu den wichtigsten Aufgabengebieten des #ForumRezyklat und der Neuausrichtung in 2020 gehören:
- Die Ausarbeitung weiterer Rezyklat-Standards, die Rechtssicherheit bezüglich Migrationsrisiken bieten.
- Die Verfügbarkeit von hochwertigen Post-Consumer-Rezyklaten zu steigern und Technologien zur Unterstützung der erhöhten Rezyklat-Nachfrage weiterzuentwickeln.
- Die Auslobung von Verpackungen mit einem hohen Recycling-Anteil am Regal auszuweiten, indem Stammdaten standardisiert und automatisiert werden.
- Kunden hilfreiche Tipps und Informationen zu den Themen Recycling und Kreislaufwirtschaft zu geben. Zu dieser Aufgabe hatten dm, Globus und Rossmann bereits im Sommer 2019 eine mehrwöchige Informationskampagne zu den Themen Wertstofftrennung und Abfallreduzierung durchgeführt.
Mehr zum Thema Verpackung und Logistik im Handel hören Sie auf dem 26. Handelslogistikkongress (Log) 2020 vom 25. bis 26. März in Köln und beim Zukunftsforum Packaging – Nachhaltigkeit im Fokus (weitere Informationen folgen) von EHI und GS1 Germany am 19./20. August 2020 in Köln.